DOCUMENTA KASSEL 16/06-23/09 2007

Eröffnung Salon des Refusés

© Julia Fuchs/documenta GmbH
Der Salon des Refusés ist eröffnet: Ab sofort lädt der documenta 12 Beirat jeden Mittwoch zum Erfahrungsaustausch über Erwerbslosigkeit in die monumentale Architektur des ehemaligen Polizeipräsidiums ein. Das Programm soll dabei peu à peu entstehen. Auf einem Wandanschlag waren handschriftlich schon einige Ideen notiert, darunter „Wovon Menschen leben (Diavortrag)“, das Stichwort „Solidarische Ökonomie“ oder „anders arbeiten, z.B. Sabbatical in der Erwerbsarbeit“. So wie sich die Themen finden, muss auch noch die Büroeinrichtung komplettiert werden. „Ein Telefonbuch könnten wir auch gebrauchen“, sagte ein Beiratsmitglied zu Ayşe Güleç.


Ayşe Güleç, Sprecherin des documenta 12 Beirats berichtet, wie sie innerhalb der letzten zwei Wochen gegen die Spuren der Räume und die nationalsozialistische Geschichte des Gebäudes arbeiteten. Der Beirat hat sich für einen zentralen Raum entschieden und den Weg dorthin, inklusive des Raums, weiß ausgemalt. Zusammen mit den weißen Tischen und Bänken im Ai Weiwei-Design, die bis vor kurzem noch die temporäre Kantine für die 1.001 Chinesen im Hof der Gottschalkhallen bestückten, haben die Beteiligten es geschafft, der subtil brutalen Umgebung zu trotzen und dem Salon eine offene und freundliche Atmosphäre zu geben.

Mit dem französischen Namen ist ein raffinierter wie stilvoller Rückgriff auf die gleichnamigen Kunstausstellungen im Paris der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelungen: Die Pariser Avantgarde-KünstlerInnen, die nicht von der Jury für den damals renommierten Salon de Paris ausgewählt worden waren, deren Bilder mit einem „R“ versehen wurden, stellten ihre Arbeit in einer Protestausstellung vor, dem Salon der Abgelehnten. In Affirmation nennt der documenta 12 Beirat seinen Versammlungsort nach dem Pariser Vorbild und demonstriert damit selbstbewusst sein Wissen um die kommende Anerkennung der Problematik hoher Arbeitslosenzahlen und prekärer Beschäftigungsverhältnisse.

So wie Realismus und Impressionismus neue Darstellungsweisen der Realität beschritten, versucht auch der documenta 12 Beirat seine Wahrnehmung der Kasseler Realität mit brisanten Fragestellungen in neue Bilder zu fassen. Im aktuellen gesellschaftlichen Zustand drückt sich für Güleç auch die „Krise der Moderne“ aus. Der Kasseler Salon des Refusés diene von nun an als ein „Ort der kulturellen und politischen Selbstbildung“ und sei offen für alle Interessierten. Die Eröffnungsrede schloss Beiratsmitglied Jürgen Hinrichs mit den Worten „die Abgewiesenen laden euch ein“. Zwischen bunt belegten Semmeln und Sekt wurde weiterdiskutiert.

© Julia Fuchs/documenta GmbH
Der Salon des Refusés ist auch Gastgeber für thematisch relevante Projekte aus anderen Bereichen der documenta 12. Die Kunstvermittlerin Nanne Buurmann etwa wird dort ihren Workshop „Arbeitslose als Avantgarde“ in Anlehnung an das Buch „Die Ostdeutschen als Avantgarde“ des Soziologen Wolfgang Engler ansiedeln: Mit jeweils fünf Arbeitslosen aus Leipzig und Kassel, die an Kunst und der Reflektion von Arbeits(losigkeits)begriffen Interesse haben, wird sie Konzepte für öffentliche Veranstaltungen erarbeiten – wie genau das Format aussehen kann, möchte sie gar nicht vorgeben, sondern zusammen mit den TeilnehmerInnen in einem dreitägigen Workshop Ende August nach adäquaten Formen suchen.

Unter der Überschrift „Das eigene Leben“ möchte die Kunstvermittlerin Tina Oberleitner zusammen mit zehn TeilnehmerInnen, die bereit sind, auf ihre Alltagserfahrungen zurückzugreifen, über „Arbeit und Arbeitslosigkeit“ debattieren. Als Pate für den Workshop steht eines der drei Leitmotive der documenta 12, die Frage nach dem bloßen Leben.

Salon des Refusés, mittwochs, im Gebäude des ehemaligen Polizeipräsidiums, Königstor 31, Kassel




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