DOCUMENTA KASSEL 16/06-23/09 2007

Grün oder so ...

Die Ausstellung und die einzelnen Gebäude stellen stets exemplarische Beziehungen her. Arbeiten sind räumlich lose miteinander verbunden und sensibilisieren für mögliche Einsichten und Aussichten. Es ist an den BetrachterInnen, Verantwortung für das Gesehene zu übernehmen, Sehflächen neu anzuordnen und Bedeutung zu erzeugen.

Der Aue-Pavillon befindet sich an der Schnittstelle zwischen Stadt und Grün und stellt einen Gebäudetypus dar, der mit dem Kolonialismus Hand in Hand ging. Man tritt herein und sieht erst einmal Grün. Im wechselseitigen Verhältnis von Innen und Außen entstehen aber auch Architekturen des Sehens.
Das Grün auf der Weltkarte von Zheng Guogu ist das Grün des Auerasens, es ist das Grün der Skulptur von John McCracken oder das Grün der Siegesgärten von Ines Doujak.
In dem grünen Beet zeigt sich, wie die Aneignung von Natur und das Wissen um deren Nutzung gegenwärtig durch transnationale Konzerne betrieben werden. Die ästhetische und ethische Vielfalt des Lebens wird zur Ressource für fortschreitende Kapitalisierung und lokale Gemeinschaften werden zerstört.

Die grüne Skulptur von John McCracken daneben ist einem Monolithen ähnlich. Sie scheint die gesamte Welt in sich aufgenommen zu haben. So viele Lackschichten sind aufgetragen, dass die Oberfläche unmenschlich perfekt und absolut künstlich wirkt. Als wäre die Skulptur aus der Zukunft hierher gekommen. Zugleich spiegelt sie die Umgebung wider, einschließlich der BetrachterInnen.
An einem anderen Ausstellungsort sind zwei Gemälde von Juan Davila zu sehen, die in realistischer Salon-Manier gemalt sind. Aus einer australischen Landschaft ragen zwei hypermoderne Architekturen wie phallische Heroen heraus. Sie zerstören das Lokale im Namen eines internationalen Stils. Die Fringes of Melbourne sind ebenso blank poliert wie die Skulptur Minnesota von McCracken und sprechen die Sprache der Industrialisierung.

Als wären Logos und Anzeigen die einzige verbindliche Sprache, hat Zheng Guogu sie auf einem grünen textilen Hintergrund großzügig zu einer Art Kartografie anordnet. Diese Formen der Gegenwart trägt er wie industriell hergestellte Kalligrafien auf. Stempel markierten in China traditionell auch Besitz und Wert. Wir können lernen, wie Tradition und Moderne sich immer wieder berühren.

Das Grün ist also ein Beispiel dafür, wie man Lust oder einen Sinn für Zusammenhänge und das Spiel der Korrespondenzen bekommt.

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